Während der Begegnung in Medena im Sommer 2021 entstand eine Sammlung von Geschichten über Menschen, die sich während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und auch in der Gegenwart, Nationalismus, Feindschaft und Hass entgegenstellten und den vermeintlich „Anderen“, über ethnische Grenzen hinweg, geholfen haben. Die Geschichten, die teils von Nachbar*innen, Familienangehörigen oder Lehrer*innen der Teilnehmer*innen handeln, wurden im Nachhinein von ihnen aufgeschrieben.
Im vierten Teil berichtet Milan aus Vukovar in Kroatien eine Geschichte – diesmal aus der Gegenwart.
Ich heiße Milan, bin 19 Jahre alt und komme aus Vukovar. Als junger Mensch empfinde ich die Situation in unserer Stadt oft unangenehm. In den Medien taucht Vukovar immer wieder im Zusammenhang von Konflikten, Schlägereien und ähnlichen Ereignissen auf, aber es gibt auch Menschen, die beweisen, dass es anders geht. Als ein Beispiel wähle ich zwei Religionslehrer von der Dragutin-Tadijanovic-Schule. Ihre Idee war es, im Fach „Verschiedene Wege des Christentums“, das zum Lehrstoff der 7. Klasse gehört, ihre Rollen zu tauschen. So lernten die Kinder im katholischen Religionsunterricht von einem serbisch-orthodoxen Lehrer etwas über die orthodoxe Religion und ein katholischer Lehrer erzählte den Kindern im serbisch-orthodoxen Religionsunterricht etwas über die katholische Kirche. Dahinter stand die Idee, den Kindern zu zeigen, wie religiöse Zugehörigkeit, Nationalität und ähnliche Dinge unsere Meinung über andere Menschen beeinflussen. Die Reaktionen der Schüler*innen übertrafen alle Erwartungen, es gab zahllose Fragen und Diskussionen. Es ist normal, dass wir als Individuen unterschiedliche Meinungen, Lebensweisen und persönliche Eigenheiten haben, aber wir dürfen nie vergessen, dass es diese Unterschiede sind, die uns besonders und reicher machen. Es ist sehr wichtig, anderen Verständnis entgegenzubringen, sie vielleicht sogar zu lieben, auf jeden Fall aber, sie zu respektieren.