Während der Begegnung in Medena im Sommer 2021 entstand eine Sammlung von Geschichten über Menschen, die sich während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und auch in der Gegenwart, Nationalismus, Feindschaft und Hass entgegenstellten und den vermeintlich „Anderen“, über ethnische Grenzen hinweg, geholfen haben. Die Geschichten, die teils von Nachbar*innen, Familienangehörigen oder Lehrer*innen der Teilnehmer*innen handeln, wurden im Nachhinein von ihnen aufgeschrieben.
 
In den folgenden Wochen möchten wir diese positiven Geschichten hier mit euch teilen und beginnen mit Slađana Popovićs Erzählung.
 
„Ich möchte Euch eine Geschichte aus der Kriegszeit erzählen. Sie trug sich im Dorf Čonoplja (im heutigen Serbien) zu und ich hörte sie von der jungen Frau, von der die Geschichte berichtet.
Während sich Kroaten, Serben und Bosniaken hassten, wurde eine Familie durch Liebe verbunden. Eine junge Kroatin und ein Serbe verliebten sich ineinander. Sie versuchten, diese Liebe geheim zu halten, aber natürlich wurde sie bekannt, das Dorf war klein. Zwischen den Familien der beiden brach Krieg aus, jede wollte eher töten, als die Verbindung der beiden zu akzeptieren. Aber die Liebenden wollten sich nicht trennen lassen und schmiedeten Pläne, das Land zu verlassen, um zu überleben. Dann wurde die junge Frau schwanger und die Familien beschimpften sich gegenseitig: „Das wird ein Ustasha-Kind“ oder „das Kind wird ein Tschetnik“ (Anmerkung: Ustasha und Tschetniks waren die faschistischen Organisationen der Kroaten bzw. Serben, die beide Kriegsverbrechen begingen). Die Liebenden ignorierten das, aber der Vater der jungen Frau stellte ein Ultimatum: „Entweder Du beendest die Beziehung, oder ich werde das tun“. Als die Frau sich weigerte, ging der Vater los, um den jungen Mann zu töten, aber er konnte seinen Plan nicht durchführen, da er krank wurde. Als der junge Mann kam, um ihn zu besuchen, beschuldigte ihn der Vater, dass er gekommen sei, um ihn zu töten. Der junge Mann erklärte ihm freundlich, er komme in Frieden zu einem Besuch, weil er der Vater seiner Freundin sei und sie alle Menschen wären. Auf diese Weise versöhnte er die beiden Familien und die beiden konnten zusammenbleiben.