Die Jugendlichen vom Youth United in Peace Netzwerk bleiben in der Coronazeit über ihre Facebook-Gruppe und andere soziale Netzwerke in engem Kontakt. Immer wieder planen sie, sich auch real wiederzusehen, aber die Bedingungen machen das sehr schwer, da sich die Coronaregeln in den verschiedenen Ländern immer wieder ändern. Auf sehr harte Lockdown-Phasen folgten Öffnungen, dann wurde wieder alles zurückgedreht. Dieser Bericht von Vlasta Markovic ist ein gutes Beispiel dafür, wie sie jede Möglichkeit wahrnehmen, sich zu besuchen, um ihre Freundschaften zu erneuern und über eine weitere Arbeit von YU-Peace unter Corona-Bedingungen zu beraten.

Wenn du reist, bleibt ein Teil von dir immer an anderen Orten, egal wie oft du nach Hause zurückkehrst. Er bleibt bei anderen Menschen. Anderen Herzen. Ein Teil von dir kommt nie nach Hause.

Seitdem ich Teil des Projekts Ferien vom Krieg und des Youth United in Peace Netzwerks (YU-Peace) bin, lebt ein Teil von mir an verschiedenen Orten.

Da die Grenzen Kroatiens für Bürger*innen von Bosnien-Herzegowina zurzeit geschlossen sind, musste ich einen anderen Weg als sonst nehmen. So stellte sich anfangs bereits der Weg nach Sombor als großes Abenteuer heraus, dass mich über die Donau führte, auf einer Fähre, die sechs Autos transportieren kann – und von deren Existenz bis jetzt niemand von uns wusste. Aber wenn ich nach Sombor fahre, würde es mir nicht einmal etwas ausmachen, die Donau zu durchschwimmen.

Die Corona-Situation hat unsere sozialen Kontakte massiv eingeschränkt, unser jährlichen Jugenddialogbegegnungen konnten nicht stattfinden und uns fehlen so viele Umarmungen, mit denen wir fest gerechnet hatten. So führte mich mein Herz, als die Situation sich etwas verbesserte, in eine Stadt, in die wir als Mitglieder von YU-Peace alle immer wieder gerne zurückkehren … Sombor. Dabei geht es nicht so sehr um die Stadt mit ihren Straßen, sondern um die Menschen dort, die ihr zuhause und ihre Herzen für mich geöffnet haben und mich teilhaben ließen.

Meine Freundschaften, die ich im YU-Peace-Netzwerk geknüpft habe, bestehen bereits seit Jahren; eine dieser Freundschaften ist die zwischen Vanja und mir. Sie begann bei einem unserer Friedenscamps am Meer und dauert bereit mehrere Jahre.

Wenn eine von uns Probleme hat, wissen wir, dass wir uns immer gegenseitig unterstützen können, aber wir feiern auch gemeinsam unsere kleinen und großen Erfolge im Leben, in jeder möglichen Art und Weise. Jetzt, als ich eine schwere Zeit hatte, sagte Vanja zu mir: „Pack deine Sachen und komm her!“, und es war wirklich großartig, dass sie das vorschlug, denn jetzt hatten wir endlich die Möglichkeit, etwas Zeit miteinander zu verbringen. Jeder meiner sieben Tage in Sombor war voll mit Plänen. Einer meiner Wünsche war es, möglichst viel Zeit in der Nähe von Wasser zu verbringen, deswegen waren wir täglich am Große Batschka-Kanal, an der Donaubucht, oder an einem der umliegenden Seen, dem Palić, dem Zobnactica oder dem Ludossee. Jetzt weiß ich mehr über Sombor und alles, was es umgibt.

Als meine YU-Peace-Freund*innen hörten, dass ich in Sombor angekommen bin, schrieben sie mir jeden Tag und fragten, wann wir uns treffen können, ob wir gemeinsam einen Kaffee trinken wollen, sie schlugen Ausflüge und Unternehmungen vor… niemand hatte damit gerechnet, dass ich ganze sieben Tage bleiben würde.

Tisa, Valerija, Jasmina, Jelena, Tijana, Dunja, Anđela, Bojana, Andrea – sie alle haben versucht, in ihren vollen Kalendern Zeit für mich zu finden, einen Kaffee mit mir zu trinken und über die aktuelle Situation zu reden und auf die eine oder andere Art machen wir die Situation etwas leichter füreinander. Wir sprachen nicht nur über Privates, sondern tauschten uns auch über die Situation des YU-Peace-Netzwerks aus; wir sprachen darüber, wie unsere gemeinsame Friedensarbeit in dieser „neuen Welt“ weitergehen wird. Sicher sind wir uns, dass Liebe, Frieden und unsere Freundschaften uns dabei unterstützen werden, mit dem umzugehen, was in den nächsten Jahren vor uns liegt.

Valerija, Tisa, Sasa und Jasmina haben selbstverständlich paprikash zubereitet – ein Gericht, dass man auf keinen Fall verpassen darf, wenn man in Vojvodina ist. Ich habe bereits seit Jahren von Saša’s paprikash gehört, jetzt konnte ich es endlich probieren – in Sombor isst man immer gut =).

Ich bräuchte für jeden Tag meiner Reise eine ganze Seite, um jeden Moment zu beschreiben. Alle Menschen, die ich traf, gaben mir Unterstützung, Liebe und ein Gefühl des Glücks und der Akzeptanz. Letzteres vermissen wir zumeist, wenn wir unsere Friedenscamps und Begegnungen nicht haben. Es ist etwas, was du so nur empfindest, wenn du mit unseren YU-Peace-Mitgliedern zusammen bist. Ich konnte einen kleinen Teil davon in diesen sieben Tagen erleben.  Ich hoffe, durch diesen Text empfinden Sie auch ein wenig davon.

Mein Herz ist jetzt am richtigen Ort, ich weiß, dass ich jederzeit Orte habe, an die ich gehen kann und Menschen, denen ich wirklich wichtig bin. Es ist das beste Gefühl der Welt.