Eine Geschichte über Brücken

Wie viele Brücken kann man in 20 Jahren bauen? Und wie viele davon in drei Jahren zerstören? Auf der Fahrt zum Friedenscamp in Basko Polje versuchte ich, diese Gedanken zu verdrängen, irgendwie wollte ich nicht darüber nachdenken. Vergeblich. Ich wusste, dass ein solcher Dialog über ethnische Grenzen hinweg mich zum Nachdenken bringen und Gefühle in mir wecken würde. Und genau so geschah es. Jeden Tag lernten wir uns ein bisschen besser kennen, arbeiteten gemeinsam in inhaltlichen und kreativen Workshops, erfuhren mehr übereinander. Wir begannen damit, auf einer Landkarte festzuhalten, was wir über die Menschen in den anderen Ländern wussten. Dabei stellten wir schnell fest, dass es damit nicht weit her war. Und das meiste von dem, was wir aufschrieben, basierte auf Verallgemeinerungen und Vorurteilen.


Was wir hören und was wir lesen, ist oft trügerisch, beeinflusst und verfälscht durch die Gefühle und Meinungen der Autoren. Deshalb war ich schon immer fasziniert von der Fotografie. Die Kamera erfasst einen Moment, ein Ereignis, unverfälscht. Das Bild erzählt seine eigene Geschichte, ohne die Interpretation eines anderen. Und der Workshop über den Balkankrieg, das traurigste Kapitel unserer modernen Geschichte, basierte auf Fotos des bekannten Kriegsfotografen Ron Haviv aus den Jahren 1992-1995.


Einen persönlichen Zugang zu diesem Thema bekamen wir durch drei ehemalige Kriegsgefangene, einen Serben, einen Kroaten und einen Bosniaken. Sie erzählten über ihre Zeit im Krieg und den Gefangenenlagern, und wie sie diese Erfahrungen nach Kriegsende verarbeitet haben. Wir waren beeindruckt und begeistert davon, wie sie trotz ihrer schlimmen Erlebnisse Freunde geworden waren, die gemeinsam für Frieden eintreten.


Die 12 gemeinsamen Tage waren eine unvergessliche Erfahrung, die uns dazu brachte, über unsere Rolle bei der Gestaltung der Zukunft unserer Länder nachzudenken. Es ist nicht einfach, die zerstörten Brücken wieder aufzubauen, aber es ist eine Arbeit, die sich lohnt. Und dieser Brückenbau über die Grenzen hinweg ist keine individuelle Aufgabe, wir alle sollten uns daran beteiligen und unseren „Stein für den Frieden“ dazu beitragen.