Der Klang des Friedens
Wenn jemand nach meiner Heimatstadt fragt, antworte ich mit einem tiefen Seufzer. Ich bin traurig, wenn ich an diesen Ort denke, an die Leute, die ich hier täglich treffe. Es sind keine schlechten Menschen, aber sie sind tief gespalten, was ihre Vorstellungen vom richtigen Leben betrifft. Sie werden beherrscht von starken Vorurteilen und sie schaffen eine feindselige, gespannte Atmosphäre, die das Leben für uns alle in unserem Tal schwierig macht.
Jetzt sitze ich auf dem Balkon des Jugendhotels Katalinka (Anida besuchte das Camp für ehemalige TeilnehmerInnen 2014) und schaue auf dieses Tal, das in den letzten 3 Tagen Zentrum der neuen Welt wurde, die ich hier kennenlernen durfte.
Die Dunkelheit der Nacht umhüllt uns, ich sehe, wie sich über unser Tal senkt, ich lausche der Nacht. Sie ist ruhig, wie Dino, der mit mir auf dem Balkon sitzt und Mirza einen speziellen Vakuf-Witz erklärt, und im nächsten Moment lächelt sie mit Fikreta auf einem anderen Balkon.
Dann wird es still und wenn ich mich deswegen sorge, fühle ich von Ferne Armins Blick vom obersten Balkon. Und als Angst hochkommt, weil es mir zu still scheint, beginnt die Nacht zu singen, eine überwältigende Melodie der lachenden Gruppe, die im Gang „Alias“ spielt.
Liegt diese wunderbare Nacht wirklich über demselben Tal, in dem ich aufwuchs. Wo wir durch unsere Unterschiede definiert werden und nicht zusammenkommen?
Wie kann dieses Tal, das nicht akzeptieren will, dass eine Dzenita und eine Feodora sich ein Zimmer teilen, so schön erscheinen. Ein Tal, das nicht dulden will, dass Semir und Tijana gemeinsam einen Workshop leiten?
Ich beginne zu glauben, dass es hier einen Zauber gibt, der auf uns wirkt, aber nein: Wir mussten nur unsere Hände ausstrecken, aufeinander zugehen, damit sich alle willkommen fühlten.
Wie schwer kann das sein? So einfach, aber es würde eine Neue Welt eröffnen, eine Welt, in der ich auf meinem Balkon singen und tanzen könnte, ja sogar fliegen, wenn ich wollte. Oder einfach nur daliegen und der Nacht lauschen.
Lass uns gemeinsam lauschen, und wenn das zu schwierig ist, lass uns Musik hören. Wir hören uns an, was Dir gefällt und was mir gefällt und so lernen wir uns kennen.
Ist das Traum oder Wirklichkeit? Wenn ich auf der Erde bin, warum ist dann eine Wolke unter mir? Wenn ich im Himmel bin, warum halte ich dann nach Sternschnuppen Ausschau? Um mir zu wünschen, dass diese Zeit nie endet, dass alle Menschen die Idee unseres Camps aufnehmen, dass sie die Melodie dieser Nacht verstehen.
Lasst uns alle hören, was ich heute Nacht erfuhr, lasst uns dem Klang des Friedens lauschen.
Anida (Gornji Vakuf-Uskoplje in Bosnien-Herzegovina)