Uros Antic nahm in diesem Jahr an der Erstbegegnung in Split teil und engagiert sich in unserer Partnerorganisation in Vukovar und bei YU-Peace. Empört über die nationalistische Propaganda anlässlich des jährlichen Gedenktages für die kroatischen Kämpfer in Vukovar, postete er den folgenden Text im Internet .

Wieder ist ein 18. November vorbei. Die Besucher sind in ihre lebendigen Städte zurückgekehrt und haben uns in einer Geisterstadt zurückgelassen.

Ich danke Dir, mein liebes Heimatland, dass Du dich so sehr um die Menschen in Vukovar sorgst. Dass Du unseren Sarg noch einen Meter tiefer vergraben und neue Blumen auf der Wiese des Hasses gepflanzt hast. Auch wenn es hart ist, müssen wir uns endlich eingestehen, wie schlecht es uns tatsächlich geht.

Ich habe kaum Worte für die Bitterkeit, die ich Dir gegenüber fühle. Mit Deinen Tiraden hast Du es geschafft, dass wir jungen Leute anfangen, darüber nachzudenken, mit wem wir aufwuchsen, und Freundschaften abbrechen. Lass uns endlich in Frieden ein normales Leben führen!

Ist Dir bewusst, dass Deine Gehirnwäsche aus Geschichten und Filmen meinen Freund, der wie ein Bruder für mich war, dazu brachte, „za dom, spremi“ (Ustascha-Gruß während des 2.Weltkrieges, mit Sieg Heil vergleichbar) auf seinem Profil zu posten? Worauf muss ich mich nächstes Jahr gefasst machen? Dass er eine Pistole auf mich richtet, weil ich Serbe bin?

Vielleicht wird jemand dies lesen und sagen: Was weiß dieser kleine Chetnik (Schimpfwort für Serben) vom Krieg? Ich will gar nichts davon wissen, ich will Freunde haben, die keine solchen Botschaften posten. Ich möchte in einer echten „Heldenstadt“ leben, in der die Toleranz blüht, Jugendliche lächeln und die Helden stolz darauf sind, dass Milica und Martina Hand in Hand der Opfer des 8. August und des 18. November gedenken und sich gegenseitig trösten.

Glaub mir, nur so haben wir eine Zukunft, es ist die einzige Chance für unsere Stadt, sich aus ihrem Grab zu erheben. Keiner der „Verteidiger“, auch kein serbischer Nationalist, bleibt lange in der Stadt, ihre theatralischen Auftritte sind schnell vorbei.

Wir müssen und werden weiter in Vukovar leben, und es wird schwerer, weil Du unsere besten Köpfe zum Schweigen bringst. Ich fühle mich hier eingesperrt, Du behinderst unsere Initiativen, verbaust unsere Zukunft, und wie die vornehmen Römer in der Arena lehnst Du dich zurück und wartest darauf, dass wir uns gegenseitig umbringen.

Vukovar kann alles erreichen, es kann eine wundervolle kleine Stadt sein, die stolz auf das Zusammenleben ihrer Bürger ist. Aber Du hast die Stadt mit einer Kette gefesselt, die sie nicht selbst zerbrechen kann und die sie in dem verdammten 1991 festhält.

Ich verlange nicht viel. Ich bitte Dich nur, uns in Ruhe zu lassen und uns Jugendlichen zu erlauben, uns eine eigene Meinung zu bilden. Ohne Deine aufgezwungene Interpretation wird es uns besser gehen. Und mach Dir keine Sorgen, unsere Opfer werden nicht in Vergessenheit geraten. Wir werden sie beweinen. Alle. Gemeinsam und ohne Hass. Wir können und wir müssen das tun, für uns und für unsere Stadt.