Almina Šehić ist Mitglied von YU-Peace und koordiniert das Jugendzentrum in Gornji Vakuf-Uskoplje, der lokalen Partnerorganisation von Ferien vom Krieg. 2019 fand das „Camp“, dessen Ausrichtung jährlich zwischen den fünf Partnerstäten des Projekts rotiert, in Gornji Vakuf-Uskoplje, eine Stadt, in der Kroat*innen und (bosnische) Muslim*innen weiterhin getrennt leben, statt: Nach der Erstbegegnung am Meer ist das Nachfolgecamp für Teilnehmer*innen aus Vorjahren die zweite jährliche große Aktivität in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien.

(Text: Almina Šehić) Seit ich 2016 YU-Peace beigetreten bin, habe ich viele Menschen getroffen, die immer noch eine große Rolle in meinem täglichen Leben spielen und ein Teil von mir sind, auch wenn wir uns nur alle paar Monate sehen. Einige von ihnen zum ersten Mal nun in meiner Stadt, in Gornji Vakuf-Uskoplje, zu sehen, war herzerwärmend. Natürlich genießen wir die Gesellschaft der Anderen, egal wo wir sind. Aber ich bin sicher, dass jede*r aus dem Projekt zustimmen würde, wenn ich sage, dass es unbezahlbar ist, wenn andere in unsere Stadt kommen und wir dort Zeit miteinander verbringen. Gornji Vakuf-Uskoplje ist eine kleine Stadt, einige würden sagen, dass sie nicht gut „entwickelt“ ist, und deshalb wird sie oft zusammen mit den Menschen, die dort leben, verurteilt. Natürlich gibt es verschlossene Menschen, die die Arbeit des Jugendzentrums nicht unterstützen, aber die hat jede Stadt. Das Zentrum bietet uns auch die Möglichkeit, Menschen zu treffen, die für dieselbe Sache kämpfen wie wir. Am „Camp“ nahmen circa 60 Jugendliche aus Sombor, Vukovar, Srebrenica, Tuzla und natürlich aus Gornji Vakuf-Uskoplje teil. Am ersten Abend haben wir die Teilnehmer*innen in Gruppen aufgeteilt, in jeder waren junge Leute aus allen Städten vertreten. Jeder Gruppe wurde ein Tag zugeteilt und sie bekamen die Aufgabe, ein abwechslungsreiches Abendprogramm auf die Beine stellen und die Organisation des Tages zu unterstützen. So konnten alle das Camp mitgestalten. Die Jugendlichen entwarfen ein Logo für ihre Gruppe und wählten eine eigene Hymne aus. Sie stellten einander ihre Logos und Hymnen vor; auf diese Weise waren sie alle miteinander verbunden.

Das Programm startete dann mit Kennenlernspielen, um eine Vertrauensbasis für die gemeinsame inhaltliche Arbeit zu schaffen. Die Workshops der nächsten Tage waren ernster und ziemlich herausfordernd.

In einem Workshop erzählten die Teilnehmer*innen ihre persönliche Geschichte; sie teilten ihre Gefühle, ihre Schwierigkeiten – in dem Wissen, dass sie nicht verurteilt werden würden. Auch gab es einen Workshop mit dem Titel ‚memorInmotion‘ (Erinnerung in Bewegung): wir nutzten die Geschichte von Denkmälern, um die Teilnehmenden für die Bedeutung der Erhaltung der Geschichte zu sensibilisieren. Sie hatten die Möglichkeit, ein eigenes Denkmal zu entwerfen, das sie selbst, ihren Kampf und ihre Ziele darstellte. Die OSZE-Partnerorganisation veranstaltete außerdem einen Workshop zum Thema „Hass“ und wie Hass verbreitet wird.

Unser Campingplatz lag etwas außerhalb, daher machten wir einen Tag lang einen Ausflug und erkundeten gemeinsam die Stadt. Dort organisierten wir Spiele im Stadtpark für Kinder. An der gleichen Stelle, an der wir vor einiger Zeit ein Wandbild unseres YU-Peace-Projekts gemacht haben, malten wir eine Taube als Zeichen des Friedens auf den Boden.

Die Teilnehmer*innen hatten auch Freizeit: eine Gruppe bekam von den Gastgeber*innen eine Stadtführung und besuchte gemeinsam die Moschee und die christliche Kirche. Der andere Teil der Gruppe stieg auf den nahegelegenen Hügel, von dem aus man die ganze Stadt sehen kann.

Nach dem Camp fragte ich meine Freunde aus Gornji Vakuf-Uskoplje nach ihren Eindrücken. Wir waren uns einig, dass es von unschätzbarem Wert ist, Gesichter voller Staunen und Akzeptanz zu sehen. Das ist die Schönheit von YU-Peace und seinen Menschen. Auch heute reden wir hier noch über dieses Camp. Alles, was wir tun, motiviert uns, noch mehr zu tun.

Wir wollen diese Wertschätzung wieder spüren, die wir beim Camp gespürt haben und die wir in unserem Alltag nicht erfahren, weil es immer noch Menschen gibt, die uns und unsere Fähigkeiten klein machen. Diese positive Atmosphäre wacht bei jedem Wiedersehen auf. Wir sind wirklich gemeinsam besser!