Während der Begegnung in Medena im Sommer 2021 entstand eine Sammlung von Geschichten über Menschen, die sich während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und auch in der Gegenwart, Nationalismus, Feindschaft und Hass entgegenstellten und den vermeintlich „Anderen“, über ethnische Grenzen hinweg, geholfen haben. Die Geschichten, die teils von Nachbar*innen, Familienangehörigen oder Lehrer*innen der Teilnehmer*innen handeln, wurden im Nachhinein von ihnen aufgeschrieben.
Im zweiten Teil unserer Serie erzählt Mirzela aus Tuzla eine Geschichte:
Ich heiße Mirzela, ich komme aus Tuzla und ich erzähle euch die Geschichte meines Vaters und meines Onkels. Mein Vater war zwei Jahre alt und mein Onkel ein Jahr alt, als ihr Vater die Familie verließ. Im Krieg hatte meine Großmutter nicht mehr genug Geld, um ihre Kinder zu ernähren. Sie bat viele Leute um Hilfe, und die halfen, so gut sie konnten, aber zu dieser Zeit machte der Krieg das Leben für alle schwer. Meine Großmutter suchte nach einer Möglichkeit, Geld zu verdienen und befürchtete schon, dass ihre Kinder verhungern würden. Aber dann lernte sie zwei wunderbare Menschen kennen, ein serbisch-orthodoxes Ehepaar aus der Nachbarschaft. Die beiden halfen meiner Großmutter, indem sie sie in ihr Haus aufnahmen und meinen Vater und meinen Onkel mit Essen versorgten. Kurz darauf fand meine Großmutter eine Arbeitsstelle und das freundliche Ehepaar kümmerte sich um meinen Vater und meinen Onkel, während meine Großmutter arbeitete und Geld verdiente. Ich bin diesen Menschen sehr dankbar und liebe sie wie meine Familie.