Leider ist auch der diesjährige Tag der Menschenrechte kein Grund zum Feiern. Im Gegenteil: Weltweit ist die Einhaltung der Menschenrechte in unterschiedlichem Ausmaß bedroht. Vielerorts begegnen Aktivist*innen, die sich für den Erhalt der Menschenrechte einsetzen und diese einfordern, staatlichen und gesellschaftlichen Repressionen, werden eingesperrt oder müssen wegen ihrem Engagement sogar um ihr Leben fürchten.
So berichten uns aktuell auch unsere Partner*innen aus Israel und Palästina, dass jenseits der den Menschenrechtsverletzungen in Gaza im Zuge des Kriegs, der auf den Angriff der Hamas auf Israel folgte, auch Menschenrechtsaktivist*innen in Israel und dem Westjordanland derzeit noch stärker bedroht sind als bisher. In Israel werden kritische Stimmen, die die Bombardierung des Gazastreifens und generell das Vorgehen der israelischen Armee in Frage stellen oder die Regierung kritisieren, nicht selten pauschal als Unterstützer*innen der Hamas verunglimpft und als Staatsfeind*innen delegitimiert. Auch im Westjordanland ist es schwer, sich öffentlich zu den Menschenrechtsverletzungen zu äußern ohne gleich unter Terrorismusverdacht zu geraten.
Aktivist*innen in Gaza kämpfen derzeit v.a. ums Überleben. In einem Interview im Rahmen des Dialogseminars für Frauen* aus Israel und Palästina im Sommer 2019 stellte ein*e Teilnehmer*in aus Gaza seiner Zeit fest: „Ich habe viel erlebt, die erste Intifada, die Oslo-Verträge, den Friedensprozess, die zweite Intifada und die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen. Und sogar nach drei Gazakriegen wächst tagtäglich mein Glaube daran, Frieden aufzubauen. Töten wird mehr Töten bringen. Aber Liebe und Leidenschaft werden mehr Liebe bringen, mehr Frieden, werden uns einander verstehen lassen und uns erlauben, die Identität des Anderen anzuerkennen. (…) Ich wünschte, ich könnte mehr tun“.
Dieses Zitat klingt wie aus einer andere Zeit, denn die Erfahrungen der letzten zwei Monate stellen viele Aktivist*innen, die gewaltfrei für eine gerechte und friedliche Zukunft im Nahen Osten kämpfen, vor eine Zerreißprobe und werfen Fragen darüber auf, wie Dialog und Begegnung nach allem was geschehen ist und noch geschehen wird möglich sein wird.
Als Dialogprojekt werden wir weiterhin versuchen, Räume zu schaffen für Austausch, Diskussion, Streit und potentielle Zusammenarbeit.