(Text: Valentina G.) In Srebrenica und in ganz Bosnien-Herzegowina wurde der Notstand aufgehoben und die Menschen sind nun entspannter als in den letzten zwei Monaten. Wir haben hier noch keine COVID-19-Fälle, aber in Bratunac Nahe Srebrenica gibt es seit gestern zwei Fälle. Wenn wir Nachrichten auf Webportalen lesen, können wir in den meisten Städten in Bosnien und Herzegowina einen Anstieg der Fallzahlen feststellen. Das Tragen von Gesichtsmasken in geschlossenen öffentlichen Räumen ist weiterhin obligatorisch. Es ist verboten,sich mit mehr als 50 Personen an einem Ort zu versammeln (und selbst bei 50 Personen müssen soziale Distanz und Schutzmaßnahmen eingehalten werden).
Es gibt nicht so viele Veränderungen in Srebrenica. Immer noch leben und bleiben nur sehr wenige Menschen dauerhaft hier. In den Monaten Juni und Juli, wenn zahlreiche Journalistenteams in der Stadt sind, gibt es in Srebrenica mehr Menschen, vor allem, um anlässlich der jährlichen Gedenktage des Genozids zu berichten. In diesem Jahr ist die Zahl der Menschen aus anderen Ländern geringer, so dass die Stadt ziemlich verlassen ist.
In den Schulen wurde bis letzte Woche Online- Unterricht abgehalten. Es gab eine große Anzahl von Schüler*innen, die keine IT-Unterstützung in ihrer Familie hatten, viele hatten nicht mal eine Internetverbindung, um den Unterricht zu verfolgen. Also versuchte Sara zusammen mit unseren Partnern, die Situation zu verbessern. Wir haben es geschafft, ungefähr 20 Tablets und Laptops bereitzustellen (was wiederum eine sehr kleine Zahl im Vergleich zum Bedarf ist).
Sara hat mit den Projekten aufgehört, die von der amerikanischen Botschaft unterstützt wurden. Eine Zusammenarbeit mit den Partner*innen aus Italien ist ebenfalls nicht möglich, daher haben wir unsere Aktivitäten immer noch nicht wieder aufgenommen und es ist wirklich schwierig, das Überleben der Organisation zu sichern. Ich glaube, dass wir einige Aktivitäten starten können, aber uns steht eine sehr schwierige Zeit bevor. Ich denke, dass es in 20 Jahren des Bestehens der Organisation nie so viel Unsicherheit gab.
Ursprünglich hatten wir geplant, unsere jungen Leute beim Engagement des Roten Kreuzes einzubeziehen. Aber was Freiwilligenarbeit mit jungen Menschen angeht, wollten weder der Zivilschutz noch das Rote Kreuz Risiken eingehen und Freiwillige außerhalb ihres Systems einbeziehen. Ich habe mehrmals persönlich deswegen angefragt. Also haben wir uns zum Nähen von Schutzmasken organisiert und es gab viel Unterstützung von Mitbürger*innen. Gemeinsam mit den Jugendlichen haben wir mehrere Aktionen geplant, aber wir werden mit der Umsetzung noch etwas abwarten, bis sich die Situation weiter beruhigt hat.
Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren. Diese Unsicherheit bringt neue Ängste mit sich, insbesondere in Bezug auf die wirtschaftliche Existenz. Korruption und Kriminalität führender Politiker haben in diesen schwierigen Zeiten leider auf allen Regierungsebenen ihren Höhepunkt erreicht.
Außerdem ist Wahljahr. Wir erwarten Manipulationen sowohl politisch als auch in den Medien, obwohl der Wahltermin nicht offiziell bestätigt wurde. Ich hatte vor, mich als Beobachterin im Wahlkampf zu engagieren, um die Ausgaben für öffentliche Mittel zu überwachen und die Korruption zu verringern. Heute erhielt ich die Bestätigung eines dreimonatigen Engagements bei Transparency International. Auch innerhalb Sara werden wir Wahlbeobachtungsaktivitäten koordinieren und hierzu YU-Friedensaktivisten aus Srebrenica einbeziehen.
Valentina G. arbeitet für unsere Partnerorganisation Sara mit Sitz in Srebrenica.