Vanja,  eine Mitarbeiterin unserer Partnerorganisation „Sara“ in Screbrenica schildert im folgenden wie sie die letzten Wochen seit Beginn der Corona- Pandemie vor Ort erlebt und empfunden hat.

Wir leben hier nach den Regeln, der Regierung der Republika Srpska (serbische Teilrepublik in Bosnien). Leute, die älter als 65 sind, durften erst gar nicht mehr aus dem Haus gehen, jetzt dürfen sie am Dienstag und am Freitag zwischen 8 und 10 Uhr einkaufen gehen. Ich weiß nicht so recht, wie ich das einschätzen soll, viele Ältere leben allein und sind gleichzeitig durch  die Horrormeldungen so verängstigt, dass sie sich gar nicht mehr aus dem Haus trauen. Wir alle müssen eine Ausgangssperre von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens einhalten. An Wochenenden dürfen wir unsere Wohnorte nicht verlassen. Masken und Handschuhe sind Vorschrift, aber sie sind nur sehr schwer zu bekommen, was für die Bevölkerung sehr problematisch ist.

Die Straßen sind vollständig verwaist, die Leute gehen nur aus dem Haus um einzukaufen oder Medikamente zu besorgen. Restaurants und Geschäfte sind geschlossen, nur Lebensmittelmärkte, Apotheken, Tankstellen, die Post und öffentliche Einrichtungen sind zu eingeschränkten Zeiten geöffnet. Ich weiß nicht, was ich noch erzählen soll, alles ist sehr schwierig und unsicher. Es gibt zu viele wirklich schreckliche Informationen, die Leute sind verängstigt und desorientiert. Im Anbetracht der Tatsache, dass die politische Mafia dieses Land an den Rand des Kollapses gebracht hat, können wir nicht auf unser Gesundheitssystem vertrauen, das nicht über die notwendige Ausrüstung verfügt.

Die Menschen machen sich große Sorgen über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdown, sie haben Angst ihre Arbeit zu verlieren, die Preise für Lebensmittel steigen sprunghaft an.

Der Schulunterricht findet nur online statt, das ist neu für Lehrer*innen und Schüler*innen. Über 80 Schüler*innen aus der Grundschule haben keinen Computer zu hause, 28 von ihnen keinen Zugang zum Internet und 117 benutzen ihr Handy für den online Unterricht. (D ies gilt für die First Elementary School Srebrenica (Grundschule), die über 300 Schüler*innen hat, für die anderen Schulen fehlen mir die genauen Informationen, aber ich denke nicht, dass die Lage dort besser ist, weil sie im ländlichen Gebiet liegen.

Was unsere Organisation “Sara-Srebrenica” betrifft, so sind unsere normalen Aktivitäten erst einmal gestoppt und es ist sehr ungewiss, wie wir die Arbeit weiter organisieren können. Im Moment stecken wir unsere ganze Arbeit in den Dienst der Gemeinschaft, unsere Nähmaschinen und anderes Material, wir nähen Schutzmasken, die wir spenden, und unterstützen die Arbeit von Zivilschutz und Rotem Kreuz.

Mein kleiner Hoffnungsschimmer ist das bisschen Freiheit, das wir für Spaziergänge in der Natur nutzen können, wenn auch ohne Gesellschaft.

Ich hoffe, das alles geht möglichst schmerzfrei vorbei und freue mich darauf, wieder frei zu sein und meine Freund*innen zu treffen.